Arbeiten geht heute in den unterschiedlichsten Formen und für viele Berufsgruppen quasi von überall. Was ist beim Arbeiten von unterwegs für Einzelpersonen oder Teams wichtig? Welche Voraussetzungen braucht es? Und vor allem, wo geht die Reise hin?
Darüber haben wir mit Vanessa Thielemann, Gründerin von BrALI CoWorkation Retreats gesprochen. Vanessa hat Kultur- und Tourismusmanagement studiert und vielfältige Erfahrungen im Festival-, Event- und Tourismusmanagement als auch im Stadtmarketing gesammelt. Sie hat BrALI 2022 gegründet. Die Idee: Teams, die hybrid und remote arbeiten, wieder zusammenzubringen. Und das werden immer mehr. Letztes Jahr haben ein Viertel der Erwerbstätigen Remote/ im Home-Office gearbeitet (Destatis 2022). Dafür entwickelt BrALI Team-Retreats & Offsites – von der Bedarfsanalyse, was das jeweilige Team braucht, über die maßgeschneiderte Konzeption bis hin zur Durchführung mit nachhaltigem Mehrwert – und begleitet Teams & Unternehmen so in die neue Arbeitswelt.
Workations, Offsites, Remote Office – flexible Arbeitsformen werden immer beliebter. Was siehst du als größte Vorteile/ Nachteile für Arbeitgeber/ Arbeitnehmer?
Durch die Entwicklung in den letzten Jahren schätzen immer mehr Menschen die remote/ hybrid arbeiten die Freiheit, Vereinbarkeit und den Gestaltungsspielraum, den sie dadurch erlangt haben. Die wenigsten wollen wieder komplett zurück ins Büro. Damit sparen sie zudem Zeit, Geld und auch CO2-Emisssionen, die sonst bei Vielen durch das tägliche Pendeln angefallen sind.
Auch für Arbeitgeber ist es attraktiv, ihren Mitarbeitern Remote Work zu ermöglichen, Für viele gut ausgebildete Fachkräfte ist Remote Work mittlerweile eine Voraussetzung bei der Arbeitgeberwahl. Außerdem können sich Arbeitgeber dadurch Bürokosten sparen.
Die Herausforderung bei Remote Work ist es jedoch, Teams zusammenzuhalten, Vertrauen und ein „Wir-Gefühl“ herzustellen. 72% derer, die Remote bzw. im Home-Office arbeiten, fehlt es zudem an informellem Austausch (Deloitte, Flexible Working Studie 2022). Dieser hat früher „in der Kaffeeküche“ stattgefunden und ist ein wichtiger Aspekt – nicht nur auf Beziehungsebene, sondern auch zum Informationsaustausch. Auch kreative Prozesse wie Brainstormings sind online schwieriger.
Es braucht also neue Orte – und neue Formate.
Wie definiert ihr bei BrALI die Worte Retreat, Offsite und Workation?
Derzeit gibt es keine klaren Definitionen, was ein Team-Retreat von einem Offsite oder einer Workation unterscheidet, oft werden die Begriffe synonym verwendet. Jedoch braucht es oft sehr unterschiedliche Dinge bzw. der Bedarf bei den Teams ist sehr verschieden. Wir bei BrALI schauen wir uns daher genauer an, was die Teams brauchen und entwickeln auf der Basis passende Konzepte.
Steht vor allem das Teambuilding im Vordergrund sprechen wir von einem Team-Retreat. Einige Teams nutzen Retreats auch zum Onboarding von neuen Teammitgliedern. Team Offsites werden oft als Kick-Off für ein neues Projekt oder kreative Prozesse genutzt. Hier steht nicht das Team, sondern ein bestimmtes Projekt oder Thema im Vordergrund. Bei einer Team-Workation hingegen geht das Tagesgeschäft und die Abläufe eines normalen Arbeitstages an einem anderen Ort außerhalb des Büros weiter. Und abends gibt es die Möglichkeit für das Team zusammen zu kommen – zum Beispiel am Lagerfeuer – denn dort entstehen meist die besten Gespräche.
Manchmal werden die Konzepte auch miteinander kombiniert: Zwei Tage Offsite für ein gemeinsames und fokussiertes Arbeiten an einem inspirierenden Ort in der Natur, ein Tag Retreat mit vertrauensbildenden Aktivitäten und dann noch optional zwei Tage Workation, um die Zeit zusammen zu verlängern, auch wenn das Tagesgeschäft weitergeht – denn warum das „Home-Office“ nicht mal zusammen an einen anderen Ort verlegen?
Welche Punkte sind wichtig und zu bedenken, wenn ein Team zusammen Zeit außerhalb des Büros verbringen möchte?
Zunächst einmal sollte geprüft werden, was das Team genau braucht. Und in diese Überlegungen sollte nicht nur der Chef: in einbezogen werden. Die Einbindung von Mitarbeiter:innen ist allgemein ein wichtiger Faktor auch bei der Identifikation mit dem Unternehmen, besonders bei der jüngeren Generation. Mit dem Deep Dive im Rahmen unserer Bedarfsanalyse gehen wir da rein und entwickeln davon abgeleitet maßgeschneiderte Konzepte.
Und je nach Bedarf braucht es ein dafür passendes Setting. Bei der Auswahl der Location schauen wir darauf, dass dort die passende Infrastruktur für kreative Brainstormings, Teambuilding oder auch Büroinfrastruktur für eine gemeinsame Workation in der Natur vorhanden ist. Und auch das Programm sollte so gestaltet sein, dass es zu dem passt, was das Team braucht. Das fängt bei der Bewegung am Morgen an, bevor mit dem Kopf gearbeitet werden soll und endet bei einem passenden gemeinsamen Ausklang am Abend.
Es gibt kein One Fits All Konzept. Und wichtig ist zudem der nachhaltige Mehrwert. Was hat also ein Team davon zwei bis drei Tage rauszukommen? Das beleuchten wir und arbeiten insgesamt unter der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Von der Anreise, über die Auswahl der Locations, Verpflegung und Aktivitäten – bis eben dazu, wie Remote Work + Retreats/ Offsites langfristig im Unternehmen etabliert werden können.
Wie denkst du, wird sich das Thema Arbeiten von überall für uns weiterentwickeln?
Das Thema wird immer mehr Fahrt aufnehmen. Unternehmen, die jetzt noch versuchen, die Mitarbeiter:innen, die eigentlich von überall aus arbeiten könnten, wieder ins Büro zurückzuholen, werden Probleme haben.
Remote Work ist ein entscheidender Faktor zur Mitarbeiterbindung, – findung als auch in der allgemeinen Arbeitgeberattraktivität. Daher braucht es neue Konzepte. Hier ein paar Beispiele: Coworking im ländlichen Raum, um Fahrtwege zu reduzieren, Umnutzung von Büroflächen, ggf. in Kooperation mit anderen Unternehmen. Dadurch werden nicht nur Kosten reduziert, sondern die damit freiwerdenden Flächen können auch zu innovativen Begegnungs- und Kreativhubs entwickelt werden. Dies ermöglicht zudem einen interdisziplinären Austausch, der in der heutigen Welt und bei der Lösung komplexer Probleme immer wichtiger wird.
Die Veränderungen sollten insgesamt als Chance begriffen werden. Es geht darum, mutig neue Wege zu gehen und sich vielleicht auch erstmal mit einem kleinen Team auf den Weg zu machen und neue Formate auszuprobieren.
Das Team von BrALI unterstützt gerne dabei, passende Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Und hat dabei ein breites Netzwerk von naturnahen Workation-Locations mit passender Infrastruktur, Aktivitäten und Programmen. Mehr Infos zu BrALI findet ihr hier: http://www.brali.org
Inspiration bietet außerdem das Coworking Festival in Berlin und Brandenburg vom 11.-15. September https://www.coworkingfestival.com
Ihr möchtet mehr zum Thema Workation und tolle Locations dafür erfahren? HIER findet ihr unser Interview mit Saskia Klinder von meetreet.
Ihr möchtet Saskia und Vanessa live erleben? Die beiden werden als Aussteller:innen und Programmteilnehmer:innen auf dem diesjährigen Berlin Travel Festival dabei sein. Haltet Ausschau nach Workation Island.